Referenz
Gebr. Schwarz GmbH
Innovative Kälteanlage schafft Nachhaltigkeit in der Kunststoffproduktion
Kunststoffproduktion und Nachhaltigkeit – zwei Begriffe, die erst bei genauer Betrachtung des gesamten Prozesses und der Umsetzung mutiger Schritte in Richtung Energieeffizienz vereinbar sind. Die Gebr. Schwarz GmbH implementierte eine innovative wasserbasierte Kälteanlage und leistet so einen entscheidenden Beitrag zu nachhaltiger Kunststoffverarbeitung.
Projektübersicht
Hintergrund
Die öffentliche Debatte über den Einsatz von Kunststoffen setzt Produzenten unter Druck. Diese müssen ihre Produkte im Kontext von Umwelt- und Klimaschutz kontinuierlich rechtfertigen. Dabei birgt Kunststoff einen bedeutenden ökologischen Vorteil, der oft übersehen wird: Das geringere Gewicht im Vergleich zu vermeintlich nachhaltigeren Materialien führt zu einem reduzierten Energieverbrauch beim Transport und der späteren Nutzung.
Die Gebr. Schwarz GmbH legt daher besonderen Wert auf effiziente Verarbeitung, nicht nur als Antwort auf die Umweltdiskussion, sondern auch angesichts des zunehmenden internationalen Wettbewerbs und des Kostendrucks von Großkunden.
Effizienz und Nachhaltigkeit in der Produktion sind also Schlüsselkriterien, um auch in Zukunft erfolgreich wirtschaften zu können. Zudem positioniert dies das mittelständische Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber für Fachkräfte.
Abbildung 3 Personen von links nach rechts: Uwe Schwarz (Gebr. Schwarz GmbH, Nachhaltigkeitsmanager), Jens Roth (Gebr. Schwarz GmbH, Geschäftsführer), Nikolaus Kinzler (Gebr. Schwarz GmbH, Kaufmännischer Leiter bis 2020)
Die Gebr. Schwarz GmbH betrieb einen Kaltwassersatz mit zwei Kolbenverdichtern zur Werkzeugkühlung. Dabei musste das gekühlte Wasser vom sonnigen Dach in den Keller gepumpt und von dort aus an die Spritzgussmaschinen verteilt werden. Die bestehende Kälteanlage war lediglich zweistufig regelbar, die Vorlauftemperatur des Kaltwasserkreises betrug 15°C. Zusätzlich verfügte das System über eine Wärmerückgewinnung für die Lüftungsanlage und Warmwasserbereitung. Die Idee war, die Abwärme der Kälteanlage zur Vorwärmung der Zuluft im Produktionsgebäude und für die Erwärmung des Brauchwassers zu nutzen.
Um die Effizienz der Kälteerzeugung zu bewerten, wurden wesentliche Energieverbräuche und Prozessparameter des bestehenden Systems über einen Zeitraum von fünf Tagen gemessen und analysiert. Dabei wurde deutlich, dass die ungeregelte Wärmerückgewinnungsanlage in der produktionsfreien Zeit Wärme in die Kältemaschine führte. Ein erhöhter Energieverbrauch war die Folge.
Entscheidung
Erfolgsfaktoren
- Systemischer Ansatz mit Messungen zu Projektbeginn
- Ganzheitliche Beratungsleistungen und Optimierungen durch SEMPACT
- Kältemittel Propan (R290, GWP = 3, brennbar) wurde durch Wasser (R718) mit einem GWP von 0 ersetzt
- Standortverlagerung vom sonnigen Dach auf die schattige Nordseite im Keller
Die Analyse der Messergebnisse machte klar, dass die zukünftige Lösung eine Freikühlfunktion anstelle einer Wärmerückgewinnung enthalten sollte. Aufgrund der unternehmerischen Verantwortung für Mensch und Umwelt schied der Einsatz halogenhaltiger Kältemittel für die Gebr. Schwarz GmbH aus.
SEMPACT empfahl die Implementierung einer innovativen Technologie, die Wasser als Kältemittel nutzt. Die Vorteile gegenüber herkömmlichen Anlagen mit dem Kältemittel Propan (R290, GWP = 3, brennbar) liegen auf der Hand: Wasser ist nicht brennbar, ozonschonend und hat keinerlei Treibhauseffekt (GWP = 0).
Im Zuge der ganzheitlichen Neugestaltung der Kühlanlage wurde auch der Standort optimiert. Statt auf dem sonnigen Dach befindet sich die Kälteanlage nun im Keller, während die zugehörigen Rückkühler/Freikühler auf der schattigen Nordseite der Produktionshalle ebenerdig platziert sind.
Wandel
Erfolgsfaktoren
- Redundante Auslegung von Kältemaschinen, Rückkühlern und Pumpen
- Nutzung der Rückkühler als Freikühler zur Effizienzsteigerung
- Anhebung der Kaltwassertemperatur führt zu verlängerter Betriebszeit der Freikühlung
- Reduzierung der durchschnittlichen Umgebungstemperatur am Rückkühler spart ca. 3 % Energie für den Verdichter
- Stromeinsparung von mehr als 270.000 kWh/a bzw. 80 %
- Jährliche CO2-Einsparung von 140 Tonnen
Stromeinsparungen im
vgl. zur bisherigen Anlage
Unter Beachtung der Messergebnisse und der geforderten Ausfallsicherheit wurde die neue Anlage mit zwei Kältemaschinen à 120 kW aufgebaut, was einer Redundanz von 75 % entspricht. Dies stellt einen ausgewogenen Kompromiss zwischen Ausfallsicherheit und Energieeffizienz dar. Sowohl Rückkühler als auch Pumpen wurden redundant ausgelegt.
Die Nutzung der Rückkühler als Freikühler bzw. adiabate Rückkühler steigert die Effizienz des Gesamtsystems und führt zu Energieeinsparungen. Durch die Verlagerung der Kälteerzeugung in den Keller wird die durchschnittliche Umgebungstemperatur für den Rückkühler um mindestens 5 Kelvin reduziert. Pro 1 Kelvin Senkung der Kondensationstemperatur werden ca. 3 % elektrische Energie am Verdichter eingespart.
Die Anhebung der Solltemperatur des Kaltwasserkreises von 15°C auf 18°C ermöglicht eine längere Betriebszeit (jährlich +600h) der effizienten Freikühlung und spart pro 1 K Anhebung der Kaltwassertemperatur etwa 4 % Strom beim Verdichter. Diese Maßnahme resultiert in einer jährlichen Einsparung von ca. 20.000 kWh Stromverbrauch.
Insgesamt führen alle Optimierungen zu einer eindrucksvollen Stromeinsparung von mehr als 270.000 kWh/a bzw. 80 % im Vergleich zur bisherigen Anlage. Durch den Verzicht auf die Wärmerückgewinnung im neuen Kältekonzept ergibt sich trotz des erhöhten Heizölverbrauchs um ca. 40.000 kWh/a in der Gesamtbilanz eine jährliche Einsparung von gut 140 Tonnen CO2.
Die Effizienz einer neuen Anlage hängt entscheidend von ihrer Integration in das Gesamtsystem ab. Der reine Kauf einer auf dem Papier effizienten Anlage ist nur die halbe Miete – die andere Hälfte gewinnen Sie durch eine detaillierte Leistungsabnahme bei der Inbetriebnahme.
Im Fall einer Kälteanlage sind mindestens zwei Messgeräte erforderlich:
- Stromzähler für die Kälteanlage (Verdichter, Pumpen, Rückkühler/Freikühler)
- Kältemengenzähler (Kältemenge, Volumenstrom, Vorlauf-, Rücklauftemperatur)
Für die Bewertung der Effizienz der Anlage in Abhängigkeit von der Außentemperatur ist eine zusätzliche Messung des Temperaturverlaufs ideal. Je nach Standort können auch DWD-Wetterdaten mit ausreichender Genauigkeit genutzt werden.
Der Energieeffizienzgrad (EER) der neuen Kältezentrale wird kontinuierlich überwacht, indem der Quotient aus Kältemenge und Stromverbrauch unter Berücksichtigung aller wesentlichen Anlagenkomponenten in der bestehenden Energiemonitoring-Software berechnet wird. Hierbei ist das Gesamtsystem entscheidend, um sicherzustellen, dass trotz eines hohen EER-Werts des Verdichters die Effizienz nach Einbeziehung aller Komponenten erhalten bleibt.
Die von Beginn an eingebaute Messtechnik für Kälte und Strom ermöglichte die Sichtbarmachung ineffizienter "Standardeinstellungen". Beispielsweise waren die Pumpenleistungen im Primärkaltwasserkreis und im Glykolkreis zu hoch eingestellt. Besonders im Freikühlbetrieb sind die elektrischen Verbräuche der Pumpen entscheidend für die Energieeffizienz der Kälteanlage. Schritt für Schritt wurde die Anlage auf den idealen Betriebspunkt optimiert. Die Analysen ermöglichen mittlerweile sogar, unterschiedliche Betriebspunkte für Hochlast- und Schwachlastzeiten zu definieren, um zusätzliche Effizienzpotenziale zu erschließen.
Impact
Das Umweltrisiko der neuen Anlagen ist erheblich geringer. Anstelle des Kältemittels R134a (85 kg in der bisherigen Anlage) wird nun Wasser (R718) eingesetzt.
Dies hat folgende Auswirkungen:
- Das Global Warming Potential (GWP) der neuen Anlage beträgt 0
- Das verwendete Kältemittel ist nicht entzündlich
- Das Kältemittel ist ungiftig
- Das Kältemittel ist frei von umweltschädlichen Stoffen
Die Kälteanlage der Gebr. Schwarz GmbH repräsentiert eine der ersten Anwendungen der neuen Serienmaschine eChiller mit 120 kW. Die Nutzung von Wasser als Kältemittel ist zwar noch nicht weit verbreitet, jedoch aufgrund ihrer Umwelt- und Klimaverträglichkeit von hoher Bedeutung. Wasser als Kältemittel zeichnet sich durch Effizienz, Klimafreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit aus.
Adiabate Maschinen- und Werkzeugkühlung mit einem natürlichen Kältemittel kommt insbesondere in produzierenden Gewerben zum Einsatz, bei denen Prozesswärme entsteht, die abgeführt werden muss. Dies gilt nicht nur für die Kunststoffindustrie, sondern auch für andere Branchen wie z.B. die Metallverarbeitung. Darüber hinaus können diese Anlagen für die Kühlung von Serverräumen, Schaltschränken und die Gebäudeklimatisierung verwendet werden.
Ein integraler Bestandteil unseres systemischen Ansatzes ist die Lebenszyklusanalyse unserer geplanten Anlagen. Wir berücksichtigen nicht nur die Anschaffungskosten, sondern kalkulieren über die gesamte geplante Nutzungszeit der Anlage. Neben den direkten Energiekosten fließen auch weitere Betriebskosten wie Wartung, Wasserverbrauch und die zunehmenden CO2-Abgaben nach dem Brennstoff-Emissionshandelsgesetz (BEHG) in unsere Berechnungen ein.
Energieeffizienz
Energieeffizienz
Informationen folgen zeitnah
CO2 Einsparung
CO2 Einsparung
Informationen folgen zeitnah
Wirtschaftlichkeit
Wirtschaftlichkeit
Investitionen (1):
201.467 €
Amortisationszeit (2):
4,3 Jahre
(1) inkl. Einsparkonzept, unter Berücksichtigung der Fördermittel
(2) inkl. Förderung
Erfolge und Anerkennung
Das Projekt wurde für den Energy Efficiency Award 2021 der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) nominiert und erhielt einen sehr guten dritten Platz in der Kategorie „Von clever bis digital! – Die Bandbreite der Energieeffizienz“.
Die Auszeichnung bestätigt die Skalierbarkeit und Innovationskraft des Projekts auch von neutraler Seite und macht uns als beratender Partner der Gebr. Schwarz GmbH stolz.
Dipl.-Ing. Thomas Schedl
Vorstand und Energieeffizienzcoach
Fon: +49 8191 657088-0
Mobil: +49 174 1815851
Abkürzungsverzeichnis:
COP/ EER: Coefficient of Performance/Energy Efficiency Ratio, entspricht dem Wirkungsgrad bei Kälteanlagen (Nutzen/Aufwand); Berechnung: Kälteleistung / elektrische Leistung
GWP: Global Warming Potential (Treibhauspotenzial)
Quellen:
https://www.k-zeitung.de/europas-kunststoffbranche-vor-grossen-herausforderungen/
https://schwarz-gmbh.de/de/unternehmen/aktuelles/2021-11-12.html
https://www.energyefficiencyaward.de/nominierte-2021/gebrueder-schwarz-gmbh-sempact-ag/
https://www.klimaschutz.de/de/service/meldungen/effiziente-kuehlung-mit-wasser
Bildnachweis: Gebr. Schwarz GmbH